Der Passat ist dir zu bieder, der Audi wie immer zu langweilig? Kein Problem: dann fahr‘ einfach den Volvo V60.

Wie immer gilt der Schwede nicht als Aufschneider, sondern eher als bescheiden mit Hang zum Understatement. Schon der Markenname „Volvo“ heißt auf Latein schlicht „ich rolle“.

Optisch auf Extravaganzen verzichtend wirkt der V60 nicht so mächtig und besser proportioniert als sein großer Bruder, der V 90. Der gelungene Auftritt liegt an der Professionalität der Marketingabteilung als auch an den fließenden Linien selbst. Anders als bei anderen Premiummarken ist bei Volvo nichts aufgesetzt oder übertrieben. Diese gelungene Kombination aus hoher Qualität und geschmackvoll-zurückhaltender Formensprache setzt sich auch im Innenraum fort.

Fahrverhalten

Der von uns getestete T6-Teilzeitstromer erlaubt laut Volvo dank seiner 11,6 kWh-Batterie bis zu 58 Kilometer rein elektrisches Fahren. Maximal 590 Newtonmeter Drehmoment stehen parat. Der Energieverbrauch soll 1,6 Liter Benzin und 16,8 kWh auf 100 Kilometer betragen.

Der Volvo V60 sprintet in 5,5 Sekunden auf Tempo 100, der Zwischenspurt von 60 auf 100 km/h ist in 3,9 Sekunden absolviert. Besonders angenehm ist die spontane Reaktion auf Gasbefehle dank kurzem E-Boost, der die kleine Trägheit des Verbrenners überspielen kann. Fahrspaß kann man definitiv haben, das Antriebssystem hat wirklich Kraft.

Die aufwendige Technik des Plug-in-Hybrid ergibt unter Umweltgesichtspunkten dann Sinn, wenn die Batterie regelmäßig geladen wird, damit zu jeder Zeit Strom für den Antrieb bereitsteht. Dabei ist es sehr wichtig, mit aktivierter Navigation zu fahren. Nur dann weiß das fahrzeug selbst, wie es seinen Stromvorrat einteilen muss. Topografische Eigenschaften der Route werden zur Energie Rekuperation einberechnet. Von der Idee her genial!

Startet man mit vollgeladener Batterie, sind im Elektrozyklus 41 Kilometer elektrische Reichweite drin, ehe sich der Verbrenner zuschaltet. Der reine Stromverbrauch liegt inklusive Ladeverlusten bei 25,6 kWh je 100 Kilometer – für einen Plug-in-Hybriden in dieser Größe ist dies aktuell technischer Standard.

Fährt man dann weiter im Hybrid-Modus, ergibt sich ein Benzinverbrauch von durchschnittlich ca. 6 Liter Super pro 100 Kilometer.
Kombiniert man die elektrische Strecke mit der Hybrid-Strecke, dann verbraucht der V60 Twin Engine auf 100 Kilometer 7,6 kWh Strom und 4,7 l Super. Damit verbunden ist eine CO₂-Bilanz von 172 Gramm pro Kilometer.

Ansonsten sind die technischen Daten: Zweiliter-Benziner, doppelte Aufladung mittels Kompressors bis 3.500 Touren und Turbo darüber, ein 65 kW und 240 Newtonmeter starker E-Motor an der Hinterachse, dazu eine Achtgangautomatik vorne und 96 Lithium-Ionen-Zellen im Mitteltunnel mit einer Gesamtkapazität von 11,6 kWh.

Die Federung arbeitet in jedem der Modi etwas zu straff. Bei einem Reisewagen haben wir uns manchmal eine etwas komfortablere Auslegung gewünscht.

Wie ausgewogen Benziner und Elektromotor im Zusammenspiel mit der Achtgangautomatik in allen üblichen Situationen agieren, scheint vergnüglich. Mit reiner E-Power sind ca. 44 Kilometer rein elektrisch bei behutsamer Fahrweise absolut möglich. Muss doch der Verbrenner ran, bleibt er meist leise. Die Gangwechsel laufen schnell und geschmeidig, und ehe man im Display überhaupt sieht, dass der Vierzylinder läuft, ist er schon wieder aus. Wirklich beeindruckend, wie konsequent der T6 im Hybridmodus auf dem E-Schub der Hinterachse beharrt, selbst an deutlichen Steigungen und mit E-Reichweiten unter zehn Kilometern. Erst ab 170 km/h sorgt der 253 PS starke Vierzylinder allein für Vortrieb.

Der Drittelmix ergibt einen Verbrauch von 2,1 Litern und 14,7 kWh auf 100 km. Gute Werte!

Innenraum

Sehr positiv fallen uns die Sitze auf. Sie sind sehr bequem und halten einen wie ein zurückhaltender Helfer unmerklich, aber effektiv in der Kurve fest. Der unendlich gute Verstellbereich ermöglichte uns jederzeit nahezu perfekte Position.

Das typische Volvo-Gefühl stellt sich im V60 sofort ein. Hier soll man sich wohlfühlen wie im eigenen Wohnzimmer. Die Sitze sind bequem, die Geräuschkulisse ist niedrig. Feiner Teppich, schickes Holz und hochwertige Materialien in skandinavisch-elegantem Design. Durchgehend softe Oberflächen. Ein Traum im Vergleich zu manch anderen Herstellern!

Überraschend viel Beinfreiheit bietet der V60 im Fond. Selbst sehr große Mitfahrer haben keine Probleme auf den hinteren Sitzplätzen.

Volvo hat sich – wie so oft – um Perfektion im Detail bemüht. Die Sitzlehnen klappen zum Beispiel elektrisch via Knopfdruck vom Kofferraum aus um und bilden eine ebene Ladefläche. Und auch bei der aktiven Sicherheit haben die Schweden zum ohnehin schon üppigen Sicherheitspaket noch eins draufgelegt: Der V60 kann bei einem drohenden Crash mit dem Gegenverkehr nicht nur ausweichen, sondern auch gleichzeitig eine Vollbremsung hinlegen. Und bis 130 km/h auch teilweise automatisiert fahren – solang der Fahrer seine Hände am Lenkrad lässt.

Weil es kaum noch Knöpfe gibt und sich fast alles über den Touchscreen einstellen lässt, gestaltet sich die Handhabung hier allerdings teils umständlicher als nötig. Die Vernetzung mit Apple CarPlay, Android Auto und serienmäßigem WLAN-Hotspot fällt noch (!) zeitgemäß aus.

Denn: leider ist die Achillesferse der aktuellen Volvo-Generation mittlerweile die Bedienung, insbesondere des Infotainmentsystems. Manch einer sagt, mit der verschachtelten Menüstruktur, eingeschränkten Anzeigemöglichkeiten und logischen Fouls komme man nach etwas Gewöhnung schon zurecht. Andere schließen den Kauf allein aufgrund des Infotainments aus. Für die Luxuselektro-Submarke Polestar wurde ein völlig neues Bediensystem auf Android-Basis entwickelt. Dies soll in der kommenden Volvo-Generation Einzug halten.

Bis dahin müssen Volvo-Fahrer noch mit einer Vielzahl von Eigenheiten leben, die manchen in den Wahnsinn treiben können. Da gibt es kleine Details, die einen immer wieder ärgern. So füllt die 3D-Ansicht der Navigationsansicht den Bildschirm zur Hälfte mit Himmel. Die kleinen Bedienkacheln ziehen Fehlbedienungen magisch an und zwingen während der Fahrt zu gefährlichen Blindflügen. Das lässt sich erstens nicht mit Volvos Sicherheitsprimat vereinbaren und ist zweitens völlig unnötig, da der Bildschirm für größere Kacheln locker Platz bieten würde.

Musikfreunde wird besonders ärgern, dass Volvos Bediensystem weder Ordnerstrukturen noch mit dem Microsoft Mediaplayer erstellte Playlisten auf USB-Sticks erkennt. Die einzige Lösung ist, Playlisten mit dem Programm MP3tag zu erstellen. Traumhaft ist dagegen der Sound. Wir haben die Harman Kardon Premium Soundanlage vrbaut gehabt. Aber wer bereit ist, das Soundsystem von Bowers & Wilkins zu erwerben: genießt absoluten Soundgenuss!

Mit einer 18 Zentimeter kürzeren Gesamtlänge schluckt sein Kofferraum laut Werksangabe 529 Liter.

Sicherheit

Der Insassenschutz ist sehr gut, das Verletzungsrisiko ist für Erwachsene und Kinder überwiegend gering bis sehr gering. Das Modell ist mit Gurtkraftbegrenzern, Gurtstraffer, Kopfairbags sowie optischen und akustischen Gurtwarnern in der ersten und zweiten Sitzreihe ausgestattet. Für die vorderen Plätze sind zusätzlich Seitenairbags verbaut.
Es sind ISOFIX-Halter an den äußeren hinteren Sitzplätzen montiert, für den Beifahrersitz sind sie optional erhältlich. Der Frontairbag auf der Beifahrerseite ist deaktivierbar.

Der V60 ist mit einem umfassenden Assistenzpaket mit automatischem Notbremsassistenten und aktivem Spurhaltesystem serienmäßig ausgestattet.

Fazit

Unser Testwagen in der Ausstattungsvariante „INSCRIPTION“ war wie so oft für unsere Fahrten für „Traiskirchen hilft!“ und weitere perfekt abgestimmt. Durch das große Ladevolumen konnten wir – gemeinsam mit dem Volvo XC90 – viele Menschen glücklich machen.

Ein Schnäppchen ist der V60 insgesamt nicht. Die Kombination aus perfekter Bauart und dem Liebling der Mitteleuropäer – dem Kombi – sowie dem kräftigen und sparsamen Plug-in-Hybrid-Antrieb im T6 ist jedoch: einfach Klasse!

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