Polarstern. Der Name ist Anspruch: Polestar. Hell leuchtend am Sternenhimmel und am Glasdach – der hellste Himmelskörper am Nordhimmel – im Sternbild des kleinen Wagens. Erster Eindruck….

Optisch gibt es keine Veränderung

Kleine Wagen hat die Firma Polestar, Tochter des schwedischen Autobauers Volvo und des chinesischen Konzerns Geely, nicht im Angebot.

Vor gut einem Jahr fuhren wir bereits die Topvariante: die wahnsinnigen 408 PS haben wir noch in bester Erinnerung. Da gab es kein Halten. Weder an den Ampeln noch auf den Beschleunigungstreifen. Welch Name: Beschleunigungsstreifen! Was sind das für komische Dinger neben uns. Immer kleiner werdend rechts?

Fahrdynamik: beeindruckend! Loslegen wir Thor mit seinem Hammer, 4,7 Sekunden auf 100, intergalaktisch. Wie ein Flug zum Polarstern.

Nun jedoch die kleine Variante mit etwas über der Hälfte an Kraft. Einmal verwöhnt, stellt sich die Frage nach dem Sinn – oder Unsinn.

Optisch bleibt alles gleich. Das Design klar und kühl, Geely und Volvo eben. In den Lichtern Thors Hammer. Und welch Licht beim Fahren. Wie haben in einer regnerischen Nacht ein Foto aufgenommen: taghell! Ich schwöre: das Foto hat der Beifahrer gemacht! Frontgrill und Scheinwerfer mit unverkennbarem LED-Tagfahrlicht im Thors-Hammer-Stil sagen einem: Das muss doch eigentlich ein Volvo sein. Genau dies macht Polestar aus: irgendwie bekannt und doch ganz anders. Die Verwandtschaft ist unverkennbar. Noch.

Der Polestar 2 ist immer noch in jeder Beziehung eine viersitzige Elektro-Limousine. Angesiedelt im Segment der 4er BMWs und C-Klasse Mercedes – jedoch stets voll elektrisch. Ohne Wenn und Aber. Auf der langen Nacht der Elektromobilität wurde dies explizit kommuniziert. Ich hoffe, auch so wahrgenommen. Thomas Ingenlath mag da keinerlei Missverständnisse eingehen. Ein Musterbeispiel an Transformation.

Ausfahrt ohne zweiten Motor

Auch 231 PS reichen allemal aus

Ohne das Perfomance Pack unserer bisherigen Testwagen rollt der Polestar 2 deutlich ruhiger ab, bleibt aber im Grundsatz ein sportlich abgestimmtes Auto. Optisch ändert sich – wie vorab schon erwähnt – nichts am neuen Basismodell. Den Unterschied erkennt man nur an den kleinen Aufklebern, die als Modellbezeichnung an den vorderen Enden der vorderen Türen angebracht. Auf unserem Testwagen steht also nicht 300 kW, Dual Motor und 78 kWh, sondern 170 kW, Single Motor und 78 kWh. Das bedeutet nahezu halbierte Leistung, halbiertes Drehmoment (von 600 auf 330 Newtonmeter). Und irgendwie fehlen die riesigen goldenen Bremssättel.

Den Basis-Polestar gibt es als Single Motor ebenso mit einer „kleinen“ 64 kWh-Batterie. Für eine Preisdifferenz von ca. € 3.000, — lohnt sich die Long Range Variante dennoch. Man erhält fast komplett ca. 100 km Reichweite mehr. Der Polestar 2 ist als Long Range Single Motor mit 231 PS, 78 kWh-Batterie mit bis zu 540 Kilometer Reichweite sowie als Standard Range Single Motor mit 224 PS, 64 kWh-Batterie mit bis zu 440 Kilometer Reichweite erhältlich.

Der Wagen verfügte über das Standard-Fahrwerk, das Performance Pack mit den Öhlins-Dämpfern gibt es nur für den Dual Motor.

Im Gegensatz zum Topmodell stehen 177 PS weniger zur Verfügung. In der Beschleunigung sind das genau 7,4 Sekunden statt 4,7. Dies, obwohl das Singlemotor ca. 173 kg weniger mitschleppen muss.

Auf der Strecke macht der Polestar mit einem Motor genau dort Spass, wo Elastizität gefragt ist. An der Ampel noch recht träge, gewinnt man auf der Fahrt beim Weiterbeschleunigen doch sehr viel Spass und Genuss am Fahrzeug.

Auf einem der Testfahrten in Niederösterreich – genauer im Bereich des Helenentals bei Baden -stoppte ich, um Bernhard mitzunehmen. Der Mitfahrer war derart begeistert von dem Fahrzeug, dass wir gleich am Weg zum nächsten Ort eine kleine Fotosession einbauten.

Im Innenraum höchster Haptik Standard

Innen schwarzer Hochglanz und gewebte Stoffbezüge – auch auf dem Armaturenbrett. Laut Polestar alles vegan und nachhaltig produziert.

Die Sitze mit ihrer ausgeprägten Konturierung sorgen für viel Halt. Die Sitzheizung arbeitet zügig und homogen, ebenso wie die dreistufige Lenkradheizung. Die Klimatisierung bleibt durchgängig zugfrei. Und dank 360-Grad-Kamerablick mit hochaufgelöstem Bild inklusive vier weiteren Kameraperspektiven gelingt einfach jeder Parkvorgang.

Für ein Elektro-Auto bietet der Polestar2 jedoch n der zweiten Reihe ungewöhnlich wenig Platz. Der Kofferraum hat lediglich 405 Liter und befindet sich damit im Bereich eines VW ID.3 oder dem Tesla Model 3. Toll ist der Frunk, wo genug Platz für die Ladekabel vorhanden ist.

Im Innenraum offeriert der Schwede zur Freude einen viel höheren Qualitätsstandard als das Tesla Model 3 oder der spartanisch wirkende VW ID.3. Das elf Zoll großem Hochkant-Display ist wegen seiner zukunftsweisenden Technik ein Highlight. Damals als weltweit erstes Fahrzeug mit dem Betriebssystem Android Automotive OS von Google unterwegs, werden sämtliche Infos übersichtlich angezeigt.

Einen Startknopf gibt es nicht 

Ein Sensor im Sitz erkennt, dass man Platz genommen hat. Den Design-Wählhebel auf D stellen, und schon geht‘s los.  Ebenso wie das hier: Das digitale Cockpit simuliert keine analogen Rundinstrumente mehr; es zeigt alles unverblümt voll digital an.

Technik State of the art

Der 12 Zoll große Tacho zählt ebenso wie der große Infotainment Bildschirm mittig zur Standard-Ausstattung. Der digitale Schlüssel ist ebenso immer gleich. Einsteigen, losfahren. Kein Startknopf oder ähnlich. Vor dem Verlassen des Fahrzeuges allerdings ist das Abstellen etwas gewöhnungsbedürftig: drei Tastenkombinationen führen letztendlich zum Ziel. also zum Stop des Wagens.

Als Betriebssystem agiert das allseits bekannte logische Android von Google. In den Pressefahrzeugen war es bis dato stets nicht aktualisiert. Hier geben wir eine klare Empfehlung ab, dass Grünzweig als Automobile als sogenannter „Hand over Center“ für die Pressefahrzeuge mehr Sorgfalt walten lassen sollte.

Google sucht die jeweils exakte Routenplanung aus unter Berücksichtigung der Fahrweise, des Akkustand und Vielem mehr. Schön: Es gibt noch einen klassischen Drehregler für die Lautstärke, er sitzt unter dem Display, praktisch. Das System braucht zwar kaum Eingewöhnung.

Mit iOS 16 wird bei Apple das CarPlay System massiv erweitert. Hier agiert Polestar selbst als Partner.

Polestar 2: Reale Reichweite und Ladezeiten

Alltagstauglichkeit scheint laut den von Polestar angegebenen Werten kein Problem darzustellen. Als Achillessehne der Elektromobilität, in Verbindung mit der Ladegeschwindigkeit kommt hier ein besonderer Augenvermerk zur Geltung. Auch wenn 155 kW (116 kW bei der kleinen Batterie) Ladeleistung vorab wenig erscheinen, ist dies im Alltag selbst bei geplanten Langstrecken keine besondere Hürde.  Am Hypercharger in Leobersdorf, direkt an der A2 stecken wir mit 35% Restreichweite an. Kurz noch mit einem Liechtensteiner Nachbarn und Fahrer eines Audi Q4 eTron geplaudert, da sein Sohnemann unseren Polestar fasziniert anstarrte, nach der Marke fragte und den Q4 vom Herrn Papa doch sehr langweilig – genauer gesagt: „wie ein Stück benutzte Seife“ – empfand. Nach kurzer Erläuterung zu den Daten des Polestar kam der werte Herr Papa in gewisse Erklärungsnot, insbesondere ob der besonderen Optik des Polestar.

Ab zum Interspar nebenan, nach 21 Minuten retour. Siehe da: 82%, weiter geht es.

Laut Polestar-Chef Thomas Ingenlath müssen alle Versionen des Polestar 2 gleichermaßen attraktiv sein. Besondere Merkmale wie die 19-Zoll-Räder, das LED-Lichtdesign vorn und hinten und die für Polestar typischen rahmenlosen Außenspiegel – diese sind wahrlich eine Augenweide – werden deshalb auch bei den abgespeckten Versionen mit nur einem E-Motor beibehalten.

Polestar 2 Single Motor Standard Range: technische Daten

  • Leistung 170 KW/ 231 PS
  • Drehmoment 330 Nm
  • Länge/B./H. 4,61 /1,86/1,48 m
  • Leergewicht 1940 kg
  • Anhängelast gebr. 1500 kg
  • Kofferraum 405 – 1095 l
  • 0 – 100 km/h 7,4 s
  • Spitze 160 km/h
  • Normverbrauch 16,3 – 18,9 kWh
  • Batteriekapazität 61 kWh
  • max. Reichweite 440 km
  • Ladezeit 11 kW 7:20 Std.

Fazit

Der Polestar 2 ist insgesamt ein gut gemachtes E-Auto. Allerdings auch eines, welches einen selbstbewussten Preis hat. Der Polestar 2 ist ein elegantes Crossover – ohne etwaige verspielte Rundungen. Er zeichnet sich dadurch aus, im Vergleich zu vielen Mitbewerbern eben nicht aus einer Seifenfabrikation entstanden zu sein. Nordisch kühl, geht schlichtweg eine sympathische Anziehungskraft vom Polestar 2aus. An allen Fronten sofort erkennbar verwandt mit dem schwedischen Automobilhersteller mit der höchsten Sicherheitsgarantie ever.

Mit Polestar gibt es eine Brand am elektrischen Sternenhimmel, welche die elektrische Hackordnung in der Mittelklasse geändert hat. Der etwas niedrigere Verbrauch und vor allem die geringeren Kosten sprechen ganz klar für die Single-Motor-Versionen.

Auf den Schweden muss man nicht monatelang warten; das Auto ist in vier Wochen lieferbar. Zumindest wird dies seitens Polestar versprochen. Der Polestar 2 Long Range lässt in der elektrischen Mittelklasse die deutschen Hersteller hinterherfahren. Dafür bekommt man ein ausgereiftes Fahrzeug für problemlose lange Distanzen.

Auch mit nur einem Motor überzeugt der P2. Er bietet bei günstigerem Kurs sogar mehr Reichweite als das Modell mit Allradantrieb. Polestar-Chef Thomas Ingenlath gibt ein Versprechen ab: Er sehe Polestar in weniger als fünf Jahren sogar als Porsche-Konkurrenten. „Wir konkurrieren mit Porsche um den besten elektrisch betriebenen Premium-Sportwagen.“

Daher soll bis 2026 die Modellpalette der Marke vier bis fünf rein elektrische Modelle umfassen. Geplant sind zwei SUV sowie eine Sportlimousine.

Meine persönlichen Highlights waren und bleiben die rahmenlosen Spiegel sowie das unfassbr tolle Licht.

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