Wenn man (Frau!) E-Mobilität für sich entdeckt
Dass es Frauen gibt, die sich ab und an vor Technik scheuen, ist kein Geheimnis. Dass sich spätestens seit verschiedenen Genderdiskussionen ein Widerstand gegen Klischees regt, ist vollkommen berechtigt.
Es gibt auch keinen Grund, sich vor einem Elektroauto zu scheuen. Egal, ob Mann, Frau oder divers.
ich würde ja gerne, aber….
Das Thema Elektromobilität hat mich schon immer interessiert, aufgrund der bekannten Vorurteile habe ich es für mich lange Zeit ausgeschlossen.
– geringe Reichweiten;
– fehlende Ladeinfrastruktur;
– hoher Reichweitenverlust bei Temperaturabfall;
– kurze Lebensdauer, dafür lange Ladezeit der Akkus,
– usw.
sind nur einige Vorurteile und Halbwahrheiten, welche ich durch “Hören-Sagen” und auch durch Medien und TV – Berichte im Kopf hatte.
Heute weiß ich: fast alle sind Falschdarstellungen, die mich lange Zeit vom Kauf eines Electric Vehicles (EV) abgehalten haben. Woher diese kommen, ob die Darstellungen bewusst oder unbewusst falsch sind, darauf möchte ich gern später eingehen.
Ich bin 31 Jahre, Mutter von 3 Kindern und als freiberufliche Gebärdensprachdolmetscherin vor allem eins: sehr viel unterwegs. Ich fahre Strecken jenseits der 200km bis 600km, oft um die 400km am Tag. In der Woche mindestens 1.000km, meist etwas mehr. Ich finde Gefallen an Kleinwagen der Mittelklasse, gern als Cabrio: Klein, praktisch, ein geringer Kraftstoffverbrauch und nicht so teuer.

Am Tag 400 km oder mehr: Das ist mit einem Elektroauto nicht möglich…dachte ich!
Als ich erstmalig genauer hingehört habe, ungefähr 2019, wurde das Auto Renault Zoe mit der reinen elektrischen Reichweite von 395 km vorgestellt. Ab diesem Zeitpunkt wurde Elektromobilität für mich interessanter: Ich möchte das auch! Ich bin jung und will nicht irgendwann den Anschluss verlieren. Nicht „die Letzte sein“ und nicht „umsteigen müssen“.
So oder so ähnlich ging es mir immer wieder durch den Kopf.
Das erste spontane Treffen für ein paar Tage mit einem Elektroauto
Im Sommer 2020 musste ich mein damaliges Verbrennerauto zur Reparatur und zum Service bringen. Als Werkstattersatzwagen wurde mir spontan ein Elektroauto angeboten, welches ich begeistert entgegennahm.
Ich wurde schnell in den Kleinwagen eingewiesen und hatte 380km Reichweite zur Verfügung. Ich bin die ersten Runden gedreht und bat später darum, das Auto über das Wochenende behalten zu dürfen, weil ich testen wollte, ob es in meinen Arbeitsalltag passt. Hier bin ich extra nochmal zum Autohaus gefahren und habe mir das Laden erklären lassen: „Das ist unkompliziert: einfach anstecken und kostenlos laden.“
Am Samstag, den 01.08.2020 hatte ich einen großen Auftrag. Mein Ziel war es, zum Auftrag zu fahren und das Auto während meines Auftrages laden zu lassen. 130 km hatte ich zum Auftrag und 130km wieder zurück.
Die Aussage des Autohauses „einfach kostenlos und unkompliziert laden“ lies die eigentlich angenehme Tour im E-Auto zu einem Desaster werden. Eine Ladekarte oder eine App zum Koppeln mit der Ladesäule ist nötig, um unkompliziert zu laden. Das ist einfach! Aber ohne diese Info wird man an sehr vielen Ladesäulen sein Auto schlicht nicht laden können.
Zum Glück hat jede Ladesäule eine Telefonnummer, die auch am Wochenende besetzt ist und mit Telefon und einem funktionierenden Gehör wird man hier schnelle Hilfe finden.
Ich habe mich über die schlichtweg falschen Aussagen des Autohaus` geärgert, eine App installiert und den kleinen Stromer geladen.
Als ich am ersten Montag im August 2020 das Elektro-Auto wieder zurückgegeben habe, freundlich Kritik geäußert und mein Interesse an einem E-Autokauf bekundet habe, war die Antwort an der Anmeldung, durch den Verkäufer, der hinzugeholt wurde, ernüchternd: 2 Jahre Wartezeit für einen Neuwagen oder einen 5-Jahre alten Gebrauchtwagen erwerben.
Damit war klar: von VW wird es für mich vorerst kein Elektroauto geben.
An der Stelle möchte ich gern nochmals die Falschdarstellungen aufgreifen. Viele Berichte aus den Medien zeigen ein ebensolches Szenario, wie es mir passiert ist. Absoluter Stromerneuling, ohne adäquate Einweisung oder eben mit vollkommen falschen Infos vom Autohaus, steht hilflos im Nirgendwo und bekommt das Fahrzeug nicht geladen. Ebenso völlig an den Haaren herbei gezogene Alltagstester, die man zum ersten Mal in deren Leben in ein EV setzt und erwartet, sie könnten 800km in den Urlaub fahren. Das ist kein Alltagstest. Welcher Mensch fährt denn mit einem ihm völlig unbekannten Auto und dazu noch unbekannter Antriebsart mal eben 800km in den Urlaub?
Die meisten Menschen bewegen ihr Auto im Alltag ein paar Kilometer auf Arbeit oder zum Einkauf. Ich ließ mich von meinem Vorhaben nicht abbringen: Ich hatte ernsthaft die Idee, im Alltag 200, 400 oder mehr Kilometer am Tag zu fahren, mit einem Elektroauto.
Auf der Suche nach dem passenden Stromer
Ich selbst wollte dieses Negativ – Erlebnis nicht auf mir sitzen lassen und den Stromern gern noch eine Chance geben. Also habe ich immer mal wieder im Internet geschaut, war auch mal in einem Renault-Autohaus, aber Zoe konnte mich mit knapp 400km Reichweite auch noch nicht ganz überzeugen.
Irgendwann Anfang Oktober 2020 zeigte mir ein online Portal ein Auto, welches ich so noch nicht kannte:
Einen Hyundai Kona, mit 480km Reichweite, erschwinglicher Rate und verfügbar nahe meinem Wohnort. Ich vereinbarte einen Termin für den nächsten Tag im betreffenden Autohaus.
Hyundai… Ich bin gespannt.
„Ist es möglich, mit dem Kona Strecken von 400km zu fahren?“, „Wo bekomme ich eine Ladekarte her?“ , „Kann ich auch schnell laden oder geht der Akku kaputt?“ …
Mir wurden alle meine Fragen durch den Händler freundlich beantwortet. Das Gespräch endete mit meiner Frage: „Wo ist der Haken?“. „Keiner!“ und einer Probefahrt im Hyundai Kona electric.
Ja…Nein…Vielleicht?
…JA! Ich gönnte mir einen Tag Bedenkzeit, trat verschiedenen Facebookgruppen bei, stellte auch hier meine Fragen zum Elektro-Auto.
Schließlich rief ich den freundlichen Händler wieder an und teilte mit, dass ich das Auto gern erwerben möchte.
Das war keine leichte Entscheidung: ich bin noch nie, also noch nie ein einziges Mal 400km mit einem Elektroauto gefahren und das sollte nun mehrmals die Woche mein Alltagsbegleiter sein. Ich bin noch nicht einmal Hyundai gefahren (außer zur Probefahrt), ich konnte also überhaupt nicht einschätzen, dass ein Elektroauto für mein Fahrprofil geeignet ist. Ich musste mich auf die Aussagen vom Autohändler, auf die Erfahrungen in der Community verlassen und die ganzen bekannten Vorurteile außenvorlassen. Schlussendlich 2020 Corona, das Krisenjahr, welches auch bei meiner Freiberuflichkeit nicht unbemerkt blieb. Am 10.November 2020 habe ich den Hyundai Kona electric abgeholt.

November 2020 bis Ende April 2021: 15.000 km elektrisch unterwegs
Ich möchte nicht mehr anders unterwegs sein! Ich fahre fast nur Langstrecken. Der Kona electric mit dem “großen” Akku (64kwh) ist dafür in jedem Fall absolut geeignet.
Auch Familienausflüge sind kein Problem: Auf der Rücksitzbank befinden sich 3 Kindersitze: 2 Reboarder (rückwärtsgerichtet) und 1 vorwärts gerichteter Kindersitz. Einige Kona- Fahrer bemängeln den zu kleinen Kofferraum. Stört uns nicht, für uns passt alles rein.
Bei sehr kalten Temperaturen, wie ich es im Winter mit dem Kona gleich austesten durfte, reduziert sich die Reichweite, reichte aber immer für meine Langstrecken, mit zwischenzeitlichen Ladestops während ich beim Auftrag war.
Bei -18Grad 360km,
bei -10 Grad 400km,
warme Temperaturen: 480km, 500km oder mehr.
Das Auto habe ich die meiste Zeit an öffentlichen Ladesäulen geladen, da ich selbst keine Wallbox besitze. Ab und zu lade ich das Auto an meiner Haushaltssteckdose (=Schukosteckdose). Das Auto wird hier auch voll, dauert mit 2.1kwh sehr lang. Über Nacht / Spätnachmittag bringt es ca. 150-200km.

Ich bin äußerst komfortabel unterwegs, die Verkehrsteilnehmer und ich sind durch zahlreiche, moderne Assistenzsysteme geschützt. Mein Elektroauto bereitet mir große Freude! Horrende Parkgebühren sind Geschichte, genau wie das Eiskratzen am Morgen eiens kalten Wintertages und weitere Vorteile ergeben sich aus dem Umstieg auf das E-Auto.
Zwar habe ich mir vorgenommen, das Handbuch zu lesen. Leider muss ich gestehen, dass ich das bis heute nie gemacht habe, auch wenn es noch auf meiner persönlichen Agenda steht.
Der Kona ist für den technischen Laien einfach und selbsterklärend zu bedienen. Auch, wenn das Wunderwerk von Hyundai ein geschlossenes Dach hat, welches man als Cabrioliebhaber nicht öffnen kann, vermag ich heute ganz klar sagen: Ich bin elektrisch sicher, komfortabel und zuverlässig unterwegs. Schade, dass ich solange gezögert habe.
Für die Zukunft möchte auch außerhalb des EV auf „Verstromerung“ meines täglichen Lebens setzen. Geplant ist eine Photovoltaik- Anlage für das E- Auto. Mit Spannung erwarte ich die technische Entwicklung in dem Bereich. Das Auto als Stromspeicher für die kostenfreie Solarenergie zu nutzen und eine Rückeinspeisung ins Hausnetz wären für mich eine weitere lohnenswerte Investition, vor allem wenn die staatliche Förderung so umfänglich und leicht beantragbar ist, wie derzeit.
Das Verbrennerauto ist für mich Geschichte!

Die Autorin, Kristin Günther ist 31 Jahre, Mutter von 3 Kindern und als freiberufliche Gebärdensprachdolmetscherin vor allem eins: sehr viel unterwegs. Sie fährt Strecken jenseits der 200km bis 600km, oft um die 400km pro Tag.
Wer mehr über Kristin erfahren möchte, sollte sich Ihre sehr coole Facebookseite ansehen oder sie direkt auf der Business HP besuchen:
www.zwickau-gebaerdensprachdolmetschen.de
Credits by Kristin Günther